30 Jahre CI und kein bisschen leise

Tobias Fischer, Cochlear Mentor Österreich - seine Geschichte

Tobias Fischer: Mein Weg zum CI

Ich hatte bis zu meinem dritten Lebensjahr eine normale Kindheit. Nach einer bakteriellen Meningitis änderte sich schlagartig alles.

Meine Eltern bemerktern bereits als ich noch in der Kinderklinik war, dass was nicht in Ordnung sei. Ich habe beim Vorlesen nicht mehr reagiert wie früher und nach meiner Entlassung erinnere ich mich, dass ich zu Hause meine geliebten Hörspiele nicht mehr hören konnte und dachte der Kassettenrekorder sei kaputt.

Ich wurde erstmal mit Hörgeräten versorgt, ohne Erfolg, bis meine Mutter über die Cochlear Implantierung erfuhr. Ich wurde am 14. Juni 1988 als erstes Kind in Deutschland implantiert.

Kurz nach meiner ersten Anpassung waren wir auf einem Schützenfest und ich erinnere mich an die vielen Luftballons. Als ein Luftballon zerplatzte, konnte ich dieses Geräusch hören und wollte wissen woher es kam. Ich konnte gar nicht mehr aufhören Luftballons zu zerplatzen um das Geräusch immer wieder zu hören. Dies war ein sehr emotionaler Moment für meine Eltern.

Die Rehabilitation und die Anpassungen bei Kinder waren Neuland in Deutschland, ein neues postoperatives CI-Konzept wurde entwickelt und es hat sich gelohnt!

Ich konnte eine normale Grundschule besuchen und hatte die Möglichkeit durch eine FM-Anlage und einen Betreuer den Unterricht zu verfolgen.

Der Wechsel auf eine Gesamtschule war nicht einfach, der Unterricht fand in mehreren Räumen statt, weswegen ich die FM Anlage nicht mehr benutzte, die Klassen wurden größer und der Unterricht konnte nicht mehr so sehr für meine Bedürfnisse angepasst werden. Ich hatte jedoch nach wie vor einen Betreuungslehrer, der mich mit Erfolg bis zum Abschluß begleitete, denn eine Schule für Gehörlose Kinder war für mich keine Option.

Vom Kommunikationselektroniker zum Master für Innovations- und Technologiemanagement

Von Unilateral zu Bilateral

Nach der Schule absolvierte ich die Ausbildung zum Kommunikationselektroniker, erhielt den neuen HDO-Sprachprozessor (Esprit22) und holte mein Abitur nach.

In meiner Freizeit hatte ich immer viel mit „normal Hörenden“ zu tun, da ich bei der Freiwilligen Feuerwehr und im Schützenverein tätig war. Ich hatte keinen wirklichen Kontakt zu anderen CI-Trägern, bis im Jahr 2004 die CI-Selbsthilfegruppe Mittelhessen in Marburg gegründet wurde. Hier habe ich die ersten Erfahrungen gesammelt und mit anderen CI-Trägern Kontakt aufgenommen und gründete daraufhin die CI-Jugendgruppe in Mittelhessen.

Der Bereich Elektronik hat mich immer fasziniert und 2006 hatte ich die Möglichkeit ein Bachelorstudium im Bereich Mikrosystemtechnik/Elektronik zu beginnen. Das Studium war für mich natürlich eine Herausforderung, die Vorlesungen waren mit über 100 Studenten gefüllt und ich erinnere mich noch an einen Dozenten, der sein ganzes Skript diktierte, welches wir aufschreiben mussten!

Nach 18 Jahren einseitigem Hören hatte ich angefangen zu überlegen, wie es wohl wäre, auf beiden Seiten zu hören. Quasi Dolby Surround. In der Universitätsklinik Frankfurt a.M. ließ ich mich Beraten und Untersuchen. Und obwohl man mir von einer OP abraten wollte, ließ ich mich von meinem Plan nicht abhlaten und erhielt 2007 das zweite Implantat.

Als der Tag der ersten Anpassung kam, war ich sehr aufgeregt. Meine Erwartungshaltung war sehr hoch.

Das Hören mit der neuen Seite war sehr ungewohnt, es fühlte sich so anders an, verstehen konnte ich am Anfang mit der neuen Seite nicht wirklich und es war ziemlich leise.

Ich zweifelte: „War es vielleicht doch die falsche Entscheidung?“

Ich merkte, dass nach 18 Jahren „Nichthören“ auf der rechten Seite einiges an Hörtraining notwendig war, und dank der ambulanten Rehabilitation im CIC Rhein-Main konnte ich langsam erste Fortschritte erzielen.

Tobias beim ersten Mentor_Innen Treffen im Cochlear Büro in Wien, April 2019

Rehabilitation und meine Familie

Als ich meine Frau Sonja kennenlernte, führten wir eine Fernbeziehung Deutschland/Österreich und skypten oft. Dadurch kam Sonja auf die Idee, Hörtests via Skype durchzuführen, Wörter und dann später ganze Sätze von leicht bis schwer nachzusprechen, um mir zu helfen die neuimplantierte rechte Seite zu trainieren.  

Zudem nahm ich das kostenlose Telefon Hörtraining von cochlear.com ebenfalls via Skype in Anspruch.

Im Jahr 2008 ging das Studium zu Ende und ich konnte dieses mit dem Titel Bachelor of Engineering erfolgreich abschließen.

Im Jahr 2009 bin ich dann wegen meiner Sonja nach Wien übersiedelt und habe begonnen als Verifikationsingenieur im Bereich „Navigationssysteme für Satelliten“ zu arbeiten. Bei der Arbeit komme ich mit dem Hören sehr gut zurecht, Schwierigkeiten macht hin und wieder das Telefonieren, aber mit Hilfe der Induktionsspule funktionert auch das und ich kann sogar Telefonkonferenzen auf Englisch abhalten.

Im Jahr 2011 fing ich ein Masterstudium für Innovations- und Technologiemanagement an, welches ich erfolgreich mit dem Titel Master of Science abgeschlossen habe.

Von Freedom zu Nucleus 6

Im Jahr 2015 hatte ich endlich die Möglichkeit den Sprachprozessor von Freedom auf Nucleus 6 upzugraden. 2015 erhielt ich den Nucleus 6 für die linke Seite und 2016 für die rechte Seite. Die neuen Sprachprozessoren haben im Vergleich zu dem alten Freedom Sprachprozessor einen viel höheren Tragekomfort und die Smart Sound Funktion möchte ich nicht mehr missen. Da ich gerne auf Konzerte gehe, ist es nun möglich mehr von der Sprache zu verstehen. Natürlich verstehe ich nicht jedes Lied welches gespielt wird, aber immerhin macht es einfach Spaß dabei zu sein.

Mittlerweile ist die Technologie bei den Cochlea Implantaten und Sprachprozessoren bereits so weit fortgeschritten, dass es sogar möglich ist, ohne Gefahr schwimmen zu gehen. Ich hatte dies zum ersten Mal im Urlaub 2017 probiert und konnte das erste Mal mit dem Aqua+ unter Wasser hören. Es waren für mich mit 33 Jahren neue Höreindrücke! Zudem war es schön, nicht außenstehend zu sein und von den Lippen ablesen zu müssen, wenn meine Familie sich im Pool unterhielt.

Wer weiß was die Technologie in den nächsten Jahren bringen wird, vielleicht ein vollimplantierbares CI?

Ich bin heute sehr froh darüber, dass sich meine Eltern für die Operation damals entschieden haben. Auch bin ich allen Beteiligten sehr dankbar, die mir geholfen haben, das Hören und das Sprechen neu zu erlernen. Heute kann ich mir ein Leben ohne CI nicht mehr vorstellen.

Helfen Sie uns dabei, die Cochlear Family News zu verbessern.
Wie fanden Sie diesen Artikel?

Haftungsausschluss

Informieren Sie sich bei Ihrem Arzt über die Möglichkeiten der Behandlung von Hörverlust. Ergebnisse können abweichen; Ihr Arzt berät Sie bezüglich der Faktoren, die Ihr Ergebnis beeinflussen könnten. Lesen Sie stets das Benutzerhandbuch. Nicht alle Produkte sind in allen Ländern erhältlich. Für Produktinformationen wenden Sie sich bitte an Ihren Vertreter von Cochlear vor Ort.

Alle Äußerungen sind die Ansichten der Einzelpersonen. Um zu ermitteln, ob Produkte der Cochlear Technologie für Sie geeignet sind, wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt.

Eine vollständige Liste der Marken von Cochlear finden Sie auf unserer Website unter Nutzungsbestimmungen.