Als Teenager hat man es ohnehin schon nicht leicht. Aber wenn man aufgrund eines Hörverlusts auch noch anders ist als die anderen, ist die Unterstützung durch Gleichgesinnte umso wichtiger.
«Für Teenager bedeutet das Leben mit Hörverlust eine besondere Herausforderung, weil es in dem Alter besonders schwierig ist, anders zu sein», sagt John Lui, nationaler Manager einer australischen Organisation, die hörgeschädigten Teenagern hilft, gehörlose Mentoren zu finden.
«Andere dürfen nicht davon ausgehen, dass Hörsysteme die Welt für den Träger wieder ‹normal› oder ‹in Ordnung› machen. Hörverlust ist eine unsichtbare Behinderung. Es liegt deshalb an uns, unsere Beeinträchtigung zu erklären und für unsere Bedürfnisse einzustehen.»
Leider hat nicht jeder Zugang zu Mentoren- und Selbsthilfegruppen zum Austausch mit Gleichgesinnten, welche die Herausforderungen verstehen. Deshalb haben John und sein Mentorenteam die folgenden praktischen Tipps für Jugendliche sowie deren Familien und Freunde zusammengestellt.
Bedeutung des Austauschs mit gleichaltrigen Betroffenen
«Teenager müssen sich mit Gleichaltrigen austauschen können, welche die gleichen Erfahrungen gemacht haben und dasselbe durchmachen wie sie, und nicht nur mit wohlmeinenden Eltern, Lehrern oder Audiologen», meint John.
«Erfahrungsberichte von Gleichaltrigen wirken viel stärker auf Teenager. Nehmen wir z.B. an, ein Jugendlicher möchte keine Technologien zur Hörunterstützung im Klassenzimmer verwenden, weil er sich dadurch von den anderen sozial ausgegrenzt fühlt.
Wenn er nun aber von einem Gleichaltrigen hört, dass er solche Technologien verwendet, um besser im Unterricht mitzukommen und in der Klasse integriert zu sein, kann das einen Paradigmenwechsel darstellen, weil der Bericht von einer gleichaltrigen Person in einer ähnlichen Situation stammt, statt von jemand Älterem.»
Mentorin Nomiki Lau sagt, dass Gleichaltrige – im Gegensatz zu Eltern – auch mehr am Puls der Zeit seien und z.B. in sozialen Medien aktiv seien und andere neuere Herausforderungen kennten.
Eigene Ziele setzen und Vorbilder finden
John sagt, dass es wichtig sei, «die praktische Realität des Hörverlusts zu akzeptieren und Lösungen zu finden. Setz dir deine eigenen Ziele – Lass sie dir nicht von anderen setzen. Es ist dein Leben.»
Nomiki fügt hinzu: «Sieh den Hörverlust nicht als Hindernis an. Er ist eine Herausforderung, braucht dich aber nicht einzuschränken. Damit andere dich akzeptieren, musst du dich zuerst selbst akzeptieren. Steh immer für deine Bedürfnisse ein.»
«Der Schlüssel für mich war Selbstvertrauen», sagt Joe Mouawad, ein weiterer Mentor. «Es ist nicht einfach, selbstbewusst mit Hörverlust zu leben, aber wenn man einmal dorthin gekommen ist, gibt es keine Grenzen mehr. Dann kannst du mit Menschen über Hörverlust sprechen und sie aufklären, damit sie mehr Verständnis für deine Situation aufbringen und dir gerne entgegenkommen und dir helfen. Wenn du schweigst, werden die meisten Menschen nie merken, dass du Schwierigkeiten hast, sie zu verstehen, und werden dir zuliebe nichts verbessern.»
Olivia Barnes, eine weitere Mentorin mit Cochlea-Implantat, empfiehlt, sich mit Vorbildern zu umgeben, die so sind wie man selbst.
«Schau dir einen gehörlosen Schauspieler auf YouTube an, oder höre jemandem zu, der über seine Erfahrungen spricht», empfiehlt Olivia. «Finde heraus, was du magst und was du gut kannst – seien es Videospiele oder Lesen und Schreiben – und sprich darüber mit Gleichgesinnten. So wirst du dein Selbstbewusstsein nach und nach stärken. Langsam aber sicher erwirbst du neue Fähigkeiten, und ehe du dich versiehst, ist es ganz normal für dich, den Mund aufzumachen und für dich selbst zu sprechen.»
Was können Eltern tun?
John empfiehlt, die Fähigkeit zur Selbstbehauptung bei Kindern früh zu fördern.
«Packen Sie Ihr Kind nicht in Watte! Lassen Sie es lernen, dass Misserfolge zum Leben dazu gehören und dass es ums Dranbleiben geht. Überdenken Sie die Massstäbe für den ‹Erfolg› Ihres Kindes. Es geht nicht darum, dass Ihr Kind Vorstandsvorsitzender, Promi oder Spitzensportler werden muss, sondern darum, das es sein Leben lebt. Es geht darum, was Ihr Kind möchte und wie Sie die Fertigkeiten Ihres Kindes in dem Bereich fördern können, den es selbst gewählt hat.»