Mit Anfang 90 lehnte Dulcie ‘Loyal’ Selleck Cochlea-Implantate noch völlig ab. Sie war der Meinung, dass das aufgrund ihres Alters nur Zeit- und Geldverschwendung sei.
„In sechs Monaten bin ich sowieso tot“, argumentierte sie ihrer Familie gegenüber.
Aber im Alter von 98 Jahren änderte sich Loyals Leben doch noch: Sie wurde zur wahrscheinlich ältesten Australierin, die ein Cochlear™ Implantat erhielt.
Professor Stephen O’Leary ist Leiter der HNO-Abteilung der Universität von Melbourne und hat Loyal operiert. Sie sei wahrscheinlich die älteste Person, die von einem CI profitiert, in jedem Fall seine älteste Patientin, sagte er.
Loyal hat kürzlich ihren 100. Geburtstag gefeiert und alle Feierlichkeiten, die ihr zu Ehren abgehalten wurden, umso mehr genossen, weil sie dabei fast jedes gesprochene Wort verstand.
Dass sie nun wieder hören kann, was um sie herum passiert, findet sie grossartig: „Es ist einfach wunderbar. „Ihre Stimmen [der Familie] hören zu können, ist toll. Und ich höre sogar Vogelgezwitscher… Es gibt doch nichts Besseres als Gespräche mit Freunden.“
Mit ihr feierten neben ihren vier Kindern und deren Familien auch zahlreiche Ehrengäste, u.a. Professor Graeme Clark, der Erfinder des mehrkanaligen Cochlea-Implantats.
Ihre jüngste Tochter, Joy Murphy, erinnerte sich daran, wie ihre Mutter die Versorgung mit einem Cochlea-Implantat vehement abgelehnt hatte, mit der Begründung, dass das in ihrem Alter Zeit- und Geldverschwendung sei.
Als aber der Anästhesist bestätigte, dass Loyal aussergewöhnlich fit war und eine Narkose gut vertragen würde, habe sie ihre Chance ergriffen.
Joy wünschte sich, ihre Mutter hätte früher etwas gegen ihren Hörverlust unternommen.
Ihre Mutter, sagte sie, würde fünf Mal die Woche ausgehen, regelmässig Freunde treffen, gerne während dem Training auf ihrem Heimrad Schokolade essen und darüber hinaus Kreuzworträtsel, Lesen und Bingo lieben.
Professor O’Leary wies auf die weitreichenden Auswirkungen hin, die ein Implantat auf das Leben eines älteren Menschen hat: “Wir haben erkannt, wie wichtig Ihnen der Kontakt mit Ihrer Familie ist. Das stellt einen grossen Wert für sich dar.
„Wir haben ziemlich lange gebraucht, um zu verstehen, wie wichtig es ist, ältere Menschen mit einem Implantat zu versorgen. Aber jetzt ich denke, der Wert, der daraus für Ihre Familie, Ihre Enkel und Urenkel entstanden ist – diese Verbindung zwischen den Generationen – darf nicht mehr unterschätzt werden.
Die Kommunikation, die jetzt innerhalb der Familie wieder möglich ist, ist für mich der Beweis, dass es die Sache wert war.“ „Das zeigt uns, dass Menschen in jedem Alter wertgeschätzt werden möchten. Wir reparieren bei 98-Jährigen die Hüfte, warum sollten wir das nicht auch mit dem Gehör machen?“
Loyal sagte, vor dem Cochlea-Implantat habe sie nicht einmal Donnerschläge gehört, kaum Gespräche führen können und immer versucht, von den Lippen zu lesen.
Sarah Selleck, die mit ihrer Familie aus Saudi-Arabien zum Jubiläum ihrer Grossmutter angereist war, erzählte davon, wie sie vor einigen Jahren ihre Grossmutter zu einem Termin bei einem Hörakustiker begleitet hatte.
„Sie hatte ein neues Hörgerät bekommen und war voller Hoffnung, dass sie damit wieder hören würde. Aber das war nicht der Fall. Die Enttäuschung in ihrem Gesicht zu sehen, das hat mir Tränen in die Augen getrieben. Es war furchtbar. Sie liess sich sonst ja nichts anmerken, aber in jenem Augenblick sah ich, wie verzweifelt sie eigentlich war.
Professor O’Leary empfahl allen Anwesenden dringend, einen Hörtest machen zu lassen. „Man begeht einen grossen Fehler, wenn man nicht rechtzeitig tätig wird und nach Lösungen sucht. Ein Hörtest gibt Ihnen Aufschluss über die eigene Hörfähigkeit sowie darüber, ob Sie von einem Implantat profitieren können.
Erfreut darüber, eine Werbeträgerin für Cochlea-Implantate zu sein, sagte die glückliche und entspannte Loyal: „Man ist nie zu alt.“
Die wunderbare Grossmutter, die ihr Leben lang als Schneiderin gearbeitet und nebenher ihre Kinder auf einer Farm aufgezogen hatte, ist stolz, die 100 erreicht zu haben, auch wenn sie sich „eher wie 60“ fühle.